Nachdem ich mich einige Jahre mit Dingen wie der Schrödingergleichung, dem Hamiltonoperator, der Heisenbergschen Unschärferelation, Photonen, Phononen und Gluonen, der Londonschen Eindringtiefe, dem Pauli-Prinzip, dunkler Materie und dunkler Energie, Protosternen, Quasaren, braunen und weißen Zwergen, Galaxien, Superhaufen, und vielen weiteren lustigen Themen der Astrophysik beschäftigt habe, habe ich 1995 ganz profan als Softwareentwickler das Arbeiten angefangen. Ich habe Dirty Code entwickelt, Architekturen entworfen und verworfen, als Trainer und Redner andere Menschen mit meinen Ideen und meinem Wissen beglückt und letztendlich als Projektmanager Menschen dazu genötigt, das zu tun, wozu ich Sie eingeteilt habe.
2011 waren meine Stimmung und mein schlechtes Gewissen dann an einem Tiefpunkt angelangt. Zum Glück habe ich aber genau zu diesem Zeitpunkt das Allheilmittel entdeckt – die agile Softwareentwicklung. In Scrum gibt es die Rolle des Managers nicht mehr. Von nun an, war mir klar, würde alles besser werden. Weg mit den Managern, Freiheit für alle, Anarchie und Selbstverwaltung. Was für eine rosige Zukunft. Doch dann erschien Jurgen Appelo und verkündete, dass wir auch im agilen Kontext weiterhin Manager brauchen. Ja was denn nun? Ich beschloss das Thema „to manage or not to manage“ nach hinten zu schieben und zunächst einmal als Agile Coach und Scrum Master Menschen und Organisationen auf Ihrem Weg in die agile Gedankenwelt zu begleiten. Irgendwann habe ich dann angefangen Scrum Master Kurse zu geben. Als lizenzierter Management 3.0 Trainer und Co-Owner von Management 3.0 gebe ich inzwischen auch Management 3.0 Workshops. Unausweichlich nähert sich also der Tag an dem ich Jurgen Appelo mit meinem Verständnis von zukünftigen Organisationsstrukturen und einer managerfreien Welt konfrontieren muss.
Ach so, habe ich eigentlich schon erwähnt, dass ich so verrückt war von 2006 bis 2008 nebenberuflich ein internationales Master of Business Administration (MBA) Studium zu absolvieren? Zwei Jahre keine Freizeit, keine sozialen Kontakte, absolute Vereinsamung. Und dafür habe ich auch noch viel Geld bezahlt. Zu meiner Rechtfertigung kann ich anbringen, dass ich Physiker bin und Physiker sind nun mal nach einhelliger Meinung vieler ein seltsames Völkchen. Nun, zumindest habe ich das Studium als Jahresbester mit Auszeichnung abgeschlossen. Auch wenn ich mir davon nichts kaufen kann, aber um ehrlich zu sein, ein tolles Gefühl ist es trotzdem.
Nur schlecht für meine Mitmenschen, dass ich mit meiner Masterarbeit (ha, die wurde übrigens sogar als Buch veröffentlicht) ein neues Thema entdeckt habe, das ich unbedingt unter die Menschen bringen muss – die Glücksforschung, oder verallgemeinert ausgedrückt, der gerade stattfindende gesellschaftliche Wandel. Im Laufe der Zeit kam mir dieses Thema aber irgendwie bekannt vor. Ich begab mich also auf die Suche nach dem heiligen Gral und entdeckte bald eine ganz heiße Spur: das Wohlbefinden des Menschen steht im Mittelpunkt. Glückliche, motivierte und gesunde Mitarbeiter sind produktiver. Firmen müssen umdenken, Manager müssen andere Aufgaben wahrnehmen als bisher. Und da fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Agile Softwareentwicklung und Glücksforschung bewirken den gleichen Effekt. Auf einmal passte alles zusammen. Agilität, Management 3.0 und Glücksforschung sind Geschwister, die erst zueinander finden mussten.
2015 kam dann der Schritt in die Unabhängigkeit. Und so gehe ich meinen Weg selbstständig mit einem weitreichenden persönlichen Netzwerk von Experten, arbeite als Scrum Master, Agile Coach und Trainer für Scrum und Management 3.0 und trage das agile Mindset und das neue Rollenverhalten von Führungskräften in die Welt hinaus.
Im März 2019 habe ich ein neues Experiment gestartet. Ich habe meine eigene Firma Teal Thrives GmbH gegründet, um Experimente mit Praktiken aus Management 3.0 und all den anderen modernen Paradigmen durchzuführen.